Detektion von Bisphenol A
Das Hauptziel des iGEM-Teams 2011 ist die Herstellung eines Sensorsystems mit dessen Hilfe die Detektion von Bisphenol A ermöglicht wird. Bisphenol A wird bei der industriellen Produktion von Polycarbonaten verwendet und kommt bei der Herstellung vieler Alltagsgegenstände, wie Babyfläschchen, zum Einsatz. Dem Bisphenol A konnte durch eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien bereits bei niedrigen Konzentrationen eine dem weiblichen Sexualhormon ähnliche Wirkung zugeschrieben werden und wird daher für Störungen in Fortpflanzung, Verhalten und körperlicher sowie geistiger Entwicklung von Säugern verantwortlich gemacht. Ein Verbot der Verwendung von Bisphenol A seit dem 1. März 2011 und des Verkaufs seit dem 1. Juni 2011 durch die europäische Union erfordern einen zuverlässigen Biosensor für dieses Umweltgift. Mithilfe von Fusionsproteinen, immobilisiert auf Cellulose-Kügelchen, soll die Anwesenheit von Bisphenol A durch eine Farbreaktion sichtbar gemacht werden. Durch die Verwendung dieses Sensors in einem zellfreien System sind keine Laborbedingungen nötig wodurch eine Anwengung für Zuhause, zur Detektion von Bisphenol A in Babyflaschen ermöglicht wird.
Theorie

Die Grundlage unseres Sensors wird durch das Zusammenspiel dreier Proteine gelegt, die wir als Fusionsprotein zusammen mit S-Layer-Proteine (braun) auf die Cellulose-Kugeln gebunden haben (grün, rot, blau). Diese setzen eine Reaktion in Gang, in der das im Medium enthaltene NADH oxidiert wird und die Elektronen auf das Bisphenol A übertragen werden, wodurch das Bisphenol A abgebaut wird (BPA*). Aus dem NADH entsteht dadurch NAD+, das eine Ligase (gelb) benötigt um das Detektionssystem in Gang zu setzen. Dabei wird ein split-target an ein Molecular Beacon ligiert. Eine Ligase schließt bei Anwesenheit von NAD+ die Lücke wodurch das Molecular Beacon linearisiert wird. Das Signal des Fluorphors wird nicht mehr durch den Quencher verschluckt wodurch schließlich die Probe bei Anregung mit einer spezifischen Wellenlänge fluoresziert. Diese Flureszenz kann detektiert werden und ist der Beweis, dass Bisphenol A in der Lösung enthalten ist.
Biosensoren
Die Entwicklung von sensitiven und selektiven Biosensoren ist ein großes Themenfeld in der synthetischen Biologie. Biosensoren können in einem weiten Spektrum von der Detektion von Umweltgiften bis zur klinischen Diagnostik eingesetzt werden. Da Zellen ihre Umwelt immer in einem gewissen Spektrum wahrnehmen müssen, gibt es bereits viele natürliche Systeme, die dem Prinzip eines Biosensors ähneln. Jedoch zeigen Biosensoren, die auf zellulären Systemen basieren, häufig negative Begleiterscheinungen, die einer konkreten Anwendung des Sensors im Weg stehen. Häufig auftretende Probleme sind eine begrenzte Anwendbarkeit außerhalb eines Labors, da mit gentechnisch veränderten Zellen gearbeitet werden muss, eine geringe Haltbarkeit, da lebende Zellen Wachstumsanforderungen stellen und die Entstehung von Störsignalen durch zelleigene Stoffwechselwege.
Ziel des iGEM-Teams Bielefeld 2011 ist daher, mit Hilfe von standardisierten DNA-Bausteinen ein System zu entwickeln, mit dem das Herstellen zellfreier Biosensoren verhältnismäßig einfach umzusetzen ist. Des Weiteren soll dieses System auch auf andere Anwendungsbereiche erweiterbar sein.
S-Layer - Grundlage des Bisphenol A-Biosensors
Crystalline bacterial cell surface layer proteins, kurz S-Layer, kommen in vielen Bakterien und Archaeen vor. S-Layer bilden kristallähnliche 2D-Strukturen auf den äußeren Zellmembranen dieser Bakterien. Diese Strukturen bestehen aus vielen gleichförmigen Proteinuntereinheiten, die sich zu charakteristischen Geometrien anordnen. Steigt die Konzentration an chaotropen Salzen in der Lösung um die S-Layer, dissoziieren diese in ihre monomeren Untereinheiten. Sinkt die Konzentration dieser Salze, kommt es zur spontanen Selbstassemblierung der S-Layer-Monomere in ihrer charakteristischen Geometrie. Diese Selbstassemblierung kann in Lösung, an Phasengrenzen und auf diversen Feststoffen erfolgen. Mit dieser Methode ist es möglich, Oberflächen mit S-Layer-Proteinen zu beschichten, die in Bakterien produziert wurden. Aufgrund der kristallähnlichen Struktur dieser S-Layer Schichten entstehen klar definierte, nanostrukturierte Oberflächen, die entsprechend funktionalisiert werden können, z.B. durch die Erzeugung von S-Layer-Fusionsproteinen.
NanoBricks - BioBrick-based do-it-yourself nanobiotechnology
Die möglichen Anwendungsfelder von S-Layern in der Nanobiotechnologie sind vielfältig und reichen von molekularen Sieben mit einheitlichen Porengrößen bis zur Verwendung in Biochips.
Das Ziel des iGEM-Teams aus Bielefeld ist die Entwicklung eines zellfreien, günstig zu produzierenden Biosensors, der auf mit S-Layern beschichteten Materialien basiert. Die Planung dieses Biosensors soll auf genetischer Ebene mit Hilfe von S-Layer-Fusionsproteinen erfolgen (s. Abbildung). Zunächst sollen dafür S-Layer-Gene mit jeweils unterschiedlichen charakteristischen Gittergeometrien aus verschiedenen Bakterienspezies isoliert, an Proteinmarker fusioniert und in Escherichia coli exprimiert werden. Anschließend werden diese S-Layer-Fusionsproteine aufgereinigt und Methoden zur Beschichtung unterschiedlicher Oberflächen mit diesen Proteinen getestet. Die S-Layer-Gene, mit denen eine preiswerte Beschichtung einer Oberfläche möglich ist, werden in einem speziellen BioBrick-Standard für die Erstellung von Fusionsproteinen der wissenschaftlichen Gemeinschaft zugänglich gemacht, sodass diese in Zukunft von Wissenschaftlern für jegliche nanobiotechnologische Anwendung nutzbar sind. Parallel zur Etablierung einer Oberflächenbeschichtungsmethode mit S-Layern wird ein auf Proteinen basierender Biosensor entwickelt, der in einem zellfreien System anwendbar ist. Sind die geeigneten Proteine gefunden, werden diese als S-Layer-Fusionsproteine hergestellt und an eine Oberfläche fixiert. Somit ist z.B. die Entwicklung eines zellfreien Biosensors in Form kleiner Kügelchen möglich. Durch die Immobilisierung dieser Proteine wird ihre Haltbarkeit erhöht, sind sie wiederverwendbar und, da der zellfreie Biosensor keine gentechnisch veränderten Organismen enthält, sind sie außerhalb eines Genlabors einsetzbar.

Schematische Darstellung einer Schicht aus S-Layer-Fusionsproteinen (Sleytr et al., 2007).